Quantcast
Channel: Sicherheit vernetzt » Rüstung
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Griechenlandkrise: Rüstung vom Sparzwang weitestgehend ausgenommen

$
0
0

Die Griechenlandrettung ist in aller Munde und bedarf in diesem Blog keiner weiteren Ausführung. Ein Detail aus dem griechischen Staatshaushalt erregte zuletzt dennoch auch in sicherheitspolitischen Kreisen Aufmerksamkeit und Empörung. Medienwirksam machten der SPD-Politiker Michael Groschek und der Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, ihrem Ärger Luft und wiesen auf die hohen Rüstungsausgaben Griechenlands, auf die mangelnde Einsparung im griechischen Militärbudget und auf die damit auch verbundenen Profite für die deutsche Rüstungsindustrie hin. Zeit, Focus und Südkurier u.a. berichteten ausführlich. Einen etwas tieferen Blick und interessante Details liefert zusätzlich die schweizerische Basler Zeitung, wovon hier einige Aspekte kurz aufgegriffen werden sollen.

Griechenland plant, um bei den genauen Zahlen zu bleiben, in diesem Jahr rund 200 Millionen Euro in seinem Wehretat von insgesamt ca. 4,7 Milliarden Euro einzusparen. Da in Griechenland die Staatseinnahmen aber rascher sinken, als Einsparungen im Militärbereich erzielt werden sollen, steigen die Kosten im Vergleich zum BIP sogar an, und damit die relative Belastung für den Gesamthaushalt.

“Gemäss den Zahlen des griechischen Konsulats in Genf sollen in diesem Jahr 200 Millionen Euro im militärischen Bereich eingespart werden. Damit sinken die Ausgaben von 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 4,7 Milliarden in diesem Jahr. Parallel dazu schrumpft das BIP laut den Prognosen der EU-Statistiker von 218 Milliarden auf 213 Milliarden Euro. Das Ergebnis sind BIP-anteilige Militärausgaben, die um 0,05 Prozent steigen.” (Quelle: Basler Zeitung)

Aus einem Interview der Basler Zeitung mit Stelios Lefkovits, Sprecher des griechischen Verteidigungsministeriums, geht hervor, dass die Militärausgaben mit der, aus griechischer Sicht, präkeren Sicherheitslage zur Türkei hergeleitet werden, was Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik als eine fadenscheinige Argumentation bewertet. Mir erscheint die griechische Argumentation aus traditionellen, kulturell-verwurzelten Motiven zwar verständlich, aber angesichts der drohenden existientiellen,  finanziellen Bedrohungen anachronistisch und unverhältnismäßig. Vielleicht könnte im Rahmen der NATO noch stärker auf eine Verständigung zwischen der Türkei und Griechenland hingearbeitet werden.

“«Wir sind nicht Luxemburg, wir haben andere Nachbarn, die nicht so friedvoll sind. Im Moment ist es unmöglich, das Budget noch drastischer zu reduzieren.» Der Sprecher räumt aber ein, dass die Sparmassnahmen beim Militär doch noch heftiger ausfallen könnten, und zwar um bis zu 700 Millionen Euro. Allerdings nur «vielleicht», wie er betont. «Denn erst, wenn wieder mehr Frieden herrscht, können wir unser Arsenal reduzieren.» [...] Auf der politischen Führungsebene werde unter Einbindung des Generalstabs derzeit intensiv überlegt, wie man über «effizientere Strukturen und Dezentralisierung» die Kosten herunterschrauben könnte, so Lefkovits. Wiederum aber nur: «Vielleicht.» Dann könnte es – «vielleicht» – auch gelingen, den Soldaten um 6,15 Prozent weniger Löhne zu zahlen und die Militärausgaben auf 4,1 Milliarden zu reduzieren.” (Quelle: Basler Zeitung)

Zusammenfassend kann man sagen, dass Problembereiche in Griechenland anscheinend verzerrt wahrgenommen werden. Aus traditionalistischer, konservativer Engstirnigkeit heraus versperrt man sich gegen ein Stop von teils unnötigen Waffeneinkäufen. Die Zeiten von Containment-Politik oder expansiver osmanischer Politik in Richtung Europa sind vorüber. Schaut man sich aber beispielsweise andere Problembereiche, wie die Diskussion um den Schengen-Raum an, so ist zu konstatieren, dass Griechenland seit geraumer Zeit faktisch nicht in der Lage ist, seine Außengrenzen vor illegaler Migration zu schützen. Rumänien und Bulgarien wurde im Herbst letzten Jahres aus diesem Grund der direkte Beitritt zum Schengen-Raum verwehrt. Hier wäre Geld, wenn überhaupt, wohl besser angelegt, als in bis zu 60 Eurofighter, in französische Fregatten, in Helikopter, in Leopard-Panzer, in deutsche U-Boote und in eine allgemeine Modernisierung und Vergrößerung der griechischen Flotte.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Trending Articles